Kurz vor Jahresende erreichte mich die «Flaschenpost» von Futurzwei. Der heitere Tonfall munterte mich auf: «Transformation ist, wenn man’s trotzdem macht», postulierte die Redaktion und zitierte Karl Valentin: «Wir freuen uns über den Regen, denn wenn wir uns nicht freuen, regnet’s auch.»
Für die Transformation braucht es eine Sprache, die Veränderungen fördert, statt ihnen im Wege zu stehen. Damit setzen wir uns bei diktum.ch als Campaigner*innen und Kommunikator*innen immer wieder auseinander. In seinem Fachbuch «Klimaschutz ist Menschenschutz» geht Michael Adler gründlich darauf ein. Er nennt die «Fallen der Klimakommunikation», widmet sich der Entscheidungstheorie und ihren praktischen Anwendungen und wagt schliesslich den Versuch, neue Begriffe zur Diskussion zu stellen.
Irreführend und untauglich seien etwa «Klimawandel» und «Erderwärmung». Als reflexive Verben eigneten sich weder «wandeln» noch «erwärmen», einen Bezug zur Ursache des Problems herzustellen. Was wären alltagstaugliche Alternativen? Adler schlägt vor: Erderhitzung, Klimaerhitzung, globale Erhitzung, kommende Heisszeit. Aber eigentlich der Dramatik angemessen wäre «Selbstverbrennung», schiebt der Autor nach.
Als Antwort auf das Wofür skizziert das Buch «desirable futures»; Entwürfe einer verheissungsvollen Zukunft. Solche braucht es für eine grosse Anstrengung, wie sie uns bevorsteht. Denn mit individuellen Lebensstilanpassungen sei es keineswegs getan: «Verhaltensänderung braucht Verhältnisänderung» im Sinn einer Bedingung.
Im nächsten Kapitel folgen zahlreiche Reframing-Ideen; praktische Vorschläge, wie wir in der Kommunikationsbranche Dinge nennen sollten, um das erwünschte Verhalten zu fördern. Beispielsweise Naturenergie statt erneuerbare, Nah- statt Fernwärme, Naturlandwirtschaft statt bloss Landwirtschaft. Das ist nicht immer elegant und auf Anhieb einleuchtend – aber «Passivrauchen» erwies sich auch erst im Lauf der Jahre als Gamechanger im Gesundheitsdiskurs.
Zum Schluss serviert der Kommunikationsfachmann «Regeln für nachhaltige Kommunikation» und wagt sich im Nachwort gar an eine «Moonlanding speech», wie sie die neue deutsche Bundesregierung 2021 (statt dieser Rede) hätte halten können.
Eine Sprache der Zuversicht
Anders als Adlers praktisch orientiertes Sachbuch hat Ulrich Grober in «Die Sprache der Zuversicht» «Inspirationen und Impulse für eine bessere Welt» gesammelt. Der 1949 geborene Autor schrieb für «Die Zeit», «taz» sowie viele andere Medien und hat 2010 mit «Die Entdeckung der Nachhaltigkeit» ein Standardwerk publiziert.
Wer Musse hat, folgt Grober gerne auf seine mäandrierenden Entdeckungsreisen, die genauso in Tiefe wie in die Breite gehen. Der Autor verknüpft persönliche Erlebnisse mit medialen Highlights (wie wiederum der Moonlanding speech von JFK), untermalt sie mit kulturgeschichtlichen Exkursen, reichert sie mit etymologischen Befunden an und findet rechtzeitig einen Ausgang aus dem gedanklichen Geflecht.
Nachdem ich das Buch in der Altjahreswoche kursorisch gelesen habe, ist es voller Post-it. Ich kann die Fundstellen hier nicht alle wiedergeben, doch einige Zitate teile ich gerne. «Die Erde ist der schönste Stern am Firmament. Und. Das Leben ist gut. Das sind die beiden Setzungen, die dieses Buch vornimmt», heisst es einleitend. «Ich möchte dazu anregen, die konvivialen Wörter im eigenen Wortschatz besonders wertzuschätzen», schreibt Grober später. Er meint damit das «Gastmahl der Antike, das unbeschwerte, offene Gespräch beim geselligen Zusammensein.»
Im dritten Kapital bringt der Autor JFKs Moonlanding speech (Sept. 1962) mit Rachel Carsons («Der stumme Frühling») gleichzeitiger Gegenrede zusammen. Er zitiert daraus: «Eure Generation muss mit der Umwelt klarkommen. Euch fällt eine ernste und ernüchternde Verantwortung zu. Aber diese ist auch eine shining opportunity.»
Da wären noch ein Dutzend Post-it. Zu Spinoza und Einstein und zum Wandern. Ein unglaublich vielseitiger und belesener Autor. Am Ende packt er noch eine Toolbox dazu – oder eher einen survival kit? Tagträumen gehört dazu, Empathie ebenso …
Bildlegende: Die Blue marble-Aufnahme der Nasa-Mission Apollo 17 vom Dez. 1972 gilt als Sinnbild der fragilen, einzigartigen Erde.