Wann, wenn nicht jetzt? Wer, wenn nicht wir oder du oder sie oder alle? Mit den zum Jahresbeginn gefassten Vorsätzen ist es wohl ähnlich wie mit den ersten Schneeflocken: Sie schmelzen schnell dahin. Doch die guten Absichten sind nicht auf den Januar beschränkt. Eine aktuelle Studie des GDI sagt, dass 98 Prozent der Schweizer Bevölkerung ihre Ernährung zumindest teilweise ändern will. Wow! Das scheint eine gute Nachricht, zumal 9 von 10 Personen gewillt sind, weniger Essen wegzuwerfen. Food-waste-Vermeidung ist der Spitzenreiter unter den Vorsätzen. Daraus lässt sich schliessen: Aktivismus und Sensibilisierung wirken, denn vor 20 Jahren hätte sich kaum jemand dafür interessiert.
Es gibt nichts Gutes, ausser man tut es
In der Studie ist zu lesen: «Veränderungen des Ernährungsverhaltens sind besonders schwer umzusetzen. Über Jahre haben sich Gewohnheiten entwickelt, die ein zentraler Aspekt des Lebensstils der Menschen und ihres soziokulturellen Umfeldes sind.» Konkret heisst das: Wenn die Milch im Kühlschrank aus ist, kaufst du sehr wahrscheinlich wieder dieselbe Milch, denn so umschiffst du anstrengende Denkarbeit (Welche pflanzliche Milch soll ich denn nun kaufen?) und enervierende Diskussionen am Küchentisch (Die Milchkuh muss als Kulturgut erhalten bleiben!)
Die Lücke zwischen Wollen und Machen ist gross, bestätigt denn auch die Studie. Aber nicht überall gleich gross. Wer sich zum Ziel setzt, weniger Milchprodukte zu konsumieren, schafft es in zwei Dritteln der Fälle. Hingegen scheitern die guten Vorsätze betreffend Verpackung deutlich häufiger – was sich in den wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Unverpackt-Läden und -Angebote spiegelt.
Auf einen kleinen Schritt folgt wahrscheinlich ein weiterer
Wer selbst gesteckte Ziele nicht erreicht, ist tendenziell frustriert. Es fehlt die viel beschworene Selbstwirksamkeit. Die spannende Frage ist nun: Was hindert dich daran, deine Vorsätze umzusetzen? Ist das Angebot nicht vorhanden (Du willst um 5 vor 8 im Bioladen noch ein frisches Brot kaufen…)? Weisst du im entscheidenden Moment nicht, was besser ist (die Bio-Erdbeere aus Spanien oder die konventionelle aus dem Thurgau)?
Die Studie zieht ein zwiespältiges Fazit und hilft mit einem guten Rat. Das Fazit lautet: Wunderbar, dass so viele Menschen motiviert sind, etwas zu ändern. Toll, dass offenbar viele dies erfolgreich tun, indem sie etwa Food Waste vermeiden (Es scheint sich sogar im Kehrichtsack zu zeigen). Schwierig zu begreifen hingegen, dass die Vorsätze betreffend Fleisch- und Fischkonsum oft auf der Strecke bleiben – obschon sie sehr simpel umsetzbar wären.
Der Rat der Fachleute ist so alt wie simpel: Konsument*innen sollten realistisch sein und sich zunächst kleine Änderungen vornehmen. Je geringer die Hürde, desto grösser die Erfolgsaussicht. Ich für meinen Teil will mich dieses Jahr mit alkoholfreien Weinen beschäftigen. Empfehlungen gerne jederzeit!
Mike Weibel
PS: In der vierten Ausgabe 2023 des Magazins «umwelt» des BAFU dreht sich die Rubrik «Dialog» um ähnliche Fragen: Umweltschutzpionier Peter Lüthi und Umweltpsychologin Tabea Pusceddu im Gespräch
PPS: … und der ETH-Zukunftsblog ermuntert dazu, auf die Lösungen zu fokussieren.
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