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Klimakiller Reisen: Müssen wir jetzt alle daheim bleiben?

Lange galt das Flugzeug als kosmopolitisches Zeichen. Ein Verkehrsmittel, das die Welt zusammenbringt. Das Grenzen mühelos überwindet und kulturelle Unterschiede aufhebt. Oder zumindest verständlich macht. Doch diese Zeiten sind vorbei.

Reisen ist heutzutage Massenware. Und zu den schon lang belächelten All-Inklusive-Touristen in der DomRep hat sich eine neue Spezies gesellt, deren Welt häufig nicht grösser ist als der 1080 x 1080 Pixelausschnitt auf Instagram. Natürlich mit Filter. 

Selbsternannte Influencer*innen fluten mit Billigfliegern die Hotspots zwischen Barcelona, Riga und Bali, um perfekt geschminkt in immer gleicher Pose die Welt abzulichten. Und die Massen folgen ihnen, um selbige Bilder 1000-fach zu reproduzieren: #adventure. 

Diese «Been there, done that»-Mentalität (danke Edelweiss) hat nur noch wenig mit kulturellem Austausch und Naturbewusstsein zu tun. Stattdessen werden Mohnblumenfelder zertrampeltund Gasthäuser überrannt.  

Und das kommt nur oben drauf, auf den unglaublichen CO2-Austausch, den wir privilegierte Westler dem Rest der Welt antun.

Wer langsam reist, sieht mehr 

Versteht mich nicht falsch. Ich bin ganz vorne mit dabei, wenn es ums Reisen geht. Ich habe schon immer gerne und ausgiebig fremde Regionen erkundet. 

Die schönsten Erlebnisse dabei?
Tagelange Zugfahrten mit Arbeiterinnen, Hühnern und Strasserverkäufern in der Holzklasse durch das vom Bürgerkrieg stark gebeutelte Hinterland Sri Lankas.
Ein ungewollter Aufenthalt im wenig besuchten Regenwalddorf ohne Strassenanbindung, weil das nächste Boot erst in einer Woche fuhr. Campen wie Robinson Crusoe auf einer einsamen Karibikinsel nach Tagen beschwerlicher Anreise in einer Nussschale. 

Diese Liste könnte ich lange weiterführen. Was haben sie alle gemeinsam? Es brauchte Zeit, Geduld und den Willen, sich auf Gegebenheiten vor Ort einzulassen. Und ja, manchmal auch einen Flieger. 

Der Blick über den Tellerrand sollte bleiben

Gerade mit Blick auf den Rechtsruck Europas, den ich (als Deutsche) gehofft habe, nie erleben zu müssen, braucht es dieses Lernen vor Ort, den kulturellen Austausch. 

Sicherlich gibt es sehr gute kulturelle Angebote hier bei uns.
Doch kaum etwas ist so einprägsam wie das wahre Leben mit eigenen Augen zu sehen.
Weniger am Waikiki Beach.
Aber auf bewussten, langsamen Reisen in den Iran, nach Palästina, Serbien oder Äthiopien. Nachhaltig organisiert. Mit Aktivitäten, von denen die einheimische Bevölkerung profitiert und die einen anderen Blickwinkel auf die Geschehnisse zulassen. Die Natur und Kultur verständlicher machen. 

Weniger Selfies, mehr Reflektion. Am besten das Smartphone einfach mal ganz daheim lassen.

Also lasst euch Zeit!

Natürlich befeuern auch diese Reisen den Klimawandel, der häufig genau den Menschen schadet, die den engagierten Reisenden doch am Herzen liegen.
Eine Krux, die sich nur schwer lösen, aber zumindest vermindern lässt. 
Letztlich muss jede und jeder selbst entscheiden.

Mein Lösungsansatz: Langsam Reisen. Und mit Zeit. Ob in die Ferne oder in der Schweiz. Das ist nicht nur gesünder fürs Klima sondern macht das Reisen auch intensiver. 
Deshalb ist mein derzeitiges Projekt auch zu Fuss von der Haustür bis nach Italien. Und dann? Einfach immer weiterlaufen. Vielleicht bis Südafrika? Wir werden es sehen. 

Für alle die jetzt sagen: «Schön und gut, aber so viel Zeit habe ich nicht (…)»
Ich auch nicht. Deshalb mache ich den Weg in Etappen. Hin und zurück geht’s zwischendurch natürlich – mit dem Zug.

Habt ihr ebenfalls spannende Reiseprojekte abseits der Billigfliegerrouten? Dann freuen wir uns über eure Ideen und Ratschläge!