Nach einer miesen Erfahrung vor zehn Jahren im Liegewagen nach Berlin (O-Ton: so unbequem, keine Privatsphäre, nie wieder!) wagte es Laura doch nochmals. Dieses Mal nahm sie aber den Schlafwagen – nach Zagreb. Welch ein Abenteuer das war, erzählt sie mir begeistert beim Kaffeeklatsch im Hof der Kalkbreite.
Wieso wolltest du nach Zagreb?
Ich wusste einfach: Ich will in die Ferien. Ich will aus ökologischen Gründen nicht fliegen – das Thema ist für mich in den letzten Jahren immer wichtiger geworden – also nehme ich den Zug. Ich hatte auch nichts Bestimmtes vor und war offen, wohin mich die Reise führt. Schnell bin ich online bei der SBB fündig geworden: Es geht mit dem Nachtzug von Zürich in 14 Stunden nach Zagreb. Doch die Reise direkt online zu buchen, war dann doch nicht so simpel.
Wie meinst du das?
Obwohl ich für meine Verhältnisse früh, zirka zwei Monate vor Reiseantritt, dran war, schien nichts mehr frei. Damit hatte ich wirklich nicht gerechnet, da war ich echt erstaunt! Das System konnte mir nicht anzeigen, wo es noch einen Schlafplatz in einem Abteil für mich hat. Schliesslich habe ich übers Telefon bei der SBB gebucht und das Ticket per Post erhalten. Als Digital Native für mich nicht gerade the way i like.
Wie war dann die Reise, auch im Vergleich zum Fliegen?
Stressfrei. Schon das packen war gemütlich. Du musst nicht überlegen: Was kommt wohin, was ins Gepäck, was ins Handgepäck? Ich konnte alles mitnehmen, was mein Herz begehrt: Kleider, Flüssigkeiten, einen Notvorrat an Esswaren, elektronische Geräte etc. Wie immer habe ich zu viel eingepackt. Nach der Arbeit bin ich gelassen mit meinem Gepäck an den HB, habe noch etwas gegessen, mir veganen Reiseproviant besorgt und Geld gewechselt – alles ohne Wartezeiten. Kaum im Zug – nach einem kurzen klaustrophobischen Gedanken «wie passen drei Menschen in dieses Abteil» – begannen meine Ferien. YEAH!
Ist das nicht sehr lange, 14 Stunden im Zug?
Nein, die Zeit verging
wie im Fluge. Schneller, als wenn ich tagsüber reise und die Stunden irgendwie
füllen muss. Hier steigst du ein, kommst ins Gespräch mit deinen Abteilgschpänli,
liest noch zwei, drei Stunden oder hörst einen Podcast. Dann habe ich sechs bis
sieben Stunden geschlafen. Naja, die Schlafqualität war nicht bombig, es hat
sehr heftig geruckelt. Bei jedem Halt bin ich aufgewacht, da sollte man sich
keine Illusionen machen. Wer leicht reisekrank wird, sollte eventuell sogar mit
Medikamenten vorbeugen.
Ein paar Stunden vor Ankunft konnte ich gemütlich aufstehen und Selbstmitgebrachtes
frühstücken. Das Frühstücksangebot im Zug war nicht gerade verlockend. Überhaupt:
Der Service im Zug lässt schon noch Wünsche offen. Es ist ja nicht nur ein
Transport von A nach B, das ist eine Übernachtung und schon Teil deiner Ferien.
Der Schaffner hat uns sehr trocken abgefertigt. Gastfreundschaft geht anders,
da gibt’s noch sehr viel Luft nach oben!
Und wie war Zagreb?
Die Reise, die Stadt, die Unterkunft, das vegane Essen (wider Erwarten!) – die ganzen Ferien waren ein Highlight. Die Ankunft am Bahnhof war nicht so stressig wie am Flughafen. Du musst kein Gepäck holen, nicht anstehen am Zoll, niemand will dir was andrehen. Du kommst an und bist da. Vom Bahnhof bin ich zu Fuss zu meiner wunderbaren Airbnb-Unterkunft spaziert. Eigentlich wollte ich noch ein paar Tage ans Meer, aber es hatte so einen schönen See nur eine Stunde mit dem Tram stadtauswärts, dass ich drei Wochen in Zagreb und Umgebung verbracht habe.
Wie meinst du das, das vegane Essen war wider Erwarten gut?
Das Essen war unglaublich fein! Ich war wirklich überrascht, wie gut es war. Nicht mega fancy, aber die Zubereitung und die Kombinationen waren derart kreativ und raffiniert! Kroatien ist in meinen Augen ja nicht bekannt für seine fleischlose Küche oder eine Küche ohne tierische Produkte. Aber es gab in Zagreb in verschiedenen Restaurants vegane Menüs. Insbesondere auch zwei rein vegane Restaurants. Das eine muss ich erwähnen: Im Zrno-Biobistro habe ich als Nicht-Dessertfan nach jedem Essen eine Nachspeise essen MÜSSEN. Jedes Mal war sie noch besser als beim vorherigen Mal und ich wollte keine verpassen. Mein Liebling: Hot Brownie mit zwei Kugeln Glacé und gerösteten Nüssen.
Vor lauter Begeisterung habe ich gleich die (fehlende) Facebookgruppe «Vegan in Zagreb» gegründet und ein Treffen in diesem Bistro organisiert. Acht Leute sind gekommen, mit zweien war ich danach den Rest des Tages noch unterwegs, mit zwei anderen habe ich mich nochmals getroffen. Einziger Wermutstropfen: Es waren Expats, mit Einheimischen habe ich keine Bekanntschaften gemacht.
Kannst du den Nachtzug weiterempfehlen?
Ja, sicher! Ich bin begeistert. Dieses Abenteuer kann ich nur allen empfehlen! Ich würde am liebsten gleich nochmals buchen. Die Krux ist: Es ist teurer als fliegen. Ich als Spontanreisende muss zudem für eine Zugfahrt eine längere Vorausplanung ins Auge fassen. Das Angebot ist nicht sehr gross und früh ausgebucht. Ich hoffe, es wird in Zukunft wieder mehr Nachtzüge zu weiteren Destinationen wie Barçelona oder Rom geben.
Impressionen
© Laura Lombardini © Laura Lombardini © Laura Lombardini © Laura Lombardini © Laura Lombardini © Laura Lombardini