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«So einfach wie möglich. Aber nicht einfacher!» – Albert Einstein

Der Ratschlag des Physikers zum Umgang mit der Sprache begleitet uns im beruflichen Alltag. Denn ständig bringen wir Texte hervor – stets mit dem Anspruch, dass sie verstanden werden.

Ich war überrascht, als sich der Kunde mit der Bemerkung zurückmeldete, das könne man einfacher sagen. Sein Textvorschlag ergab einen Verständlichkeitswert* von 26, meiner lag bei 17. Immerhin eine Verbesserung von «sehr schwierig» zu «schwierig».

Meistens ist es umgekehrt: Wir versuchen als Kommunikationsfachleute, die Dinge, die ein Kunde äussert, in einfacher Sprache zu formulieren. Denn wir wissen: Ein grosser Teil der Bevölkerung bewegt sich auf dem Sprachniveau B1/B2. Wenn sich ein Text also an eine unbestimmte Zielgruppe richtet, wie etwa die Bewohnerschaft einer Genossenschaft oder junge Männer als Adressaten einer Food-Kampagne, dann muss er einfach sein. Sonst verstehts nur eine verschwindende Minderheit.

Solche Vereinfachungen brauchen mitunter viel Überzeugungsarbeit. Denn wer möchte nicht mit seiner Sprache signalisieren, wie kompetent sie ist? Wer kann sich vom Jargon lösen, den er täglich im fachlichen Austausch benutzt? Wer mag einem einzelnen Wort (wie «Ziel») vertrauen, wenn auch die «Zielsetzung» nicht ganz falsch ist, aber solider tönt?

Mir scheint es ein ewiges Ringen, obschon die Regeln für einfache Sprache simpel sind. Zu vermeiden sind folgende Hürden der Verständlichkeit:

  • Satzlängen
  • Fremd-/Fachwörter
  • Schachtelsätze
  • Modalverben/Füllwörter
  • Nominalkonstruktionen
  • Passivkonstruktionen
  • Abstraktive Substantive
  • Juristendeutsch

Alles klar? Natürlich gibt es heute künstliche Intelligenz, die hilft, Schwächen in Texten zu erkennen, sie sogar zu beheben. Eine Übersicht liefert beispielsweise dieser Wikipedia-Abschnitt: Tools zur Textverständlichkeit

Offen gestanden bin ich froh, spielt die Juristerei bei unseren Aufträgen meist eine untergeordnete Rolle. Hier tut sich oft eine Kluft auf zwischen dem, was dieses Metier hervorbringt, und dem Verständnis des gemeinen Publikums (zu dem ich mich zähle). Denk nur an die ABGs, die du vielleicht hin und wieder zu lesen beginnst. Nach wie vielen Wörtern steigst du aus?

Kürzlich legte man mir einen Vertrag zur Unterschrift vor. Artikel 14.1. versuchte ich dreimal zu lesen: Ein Satz, 168 Wörter. Gut verständlich wären 12 bis 15 Wörter pro Satz. Ich kapitulierte verständnismässig, testete den Text aber mit der Maschine: Sie berechnete einen Verständlichkeitswert von minus 133. Eigentlich hört die Skala bei minus 20 auf.

PS: Dieser Blogbeitrag bringt es auf einen Flesch-Index von 43, im Durchschnitt sind es knapp 12 Wörter pro Satz.

*berechnet mit der Flesch-Formel auf www.leichtlesbar.ch